Klimawandel im Jura

21.01.2016 | Dr. Günter Schweigert

Klimawandel gab es im Laufe der Erdgeschichte immer wieder. Selbst erdgeschichtliche Perioden, die man lange Zeit eher als stabil und ausgesprochen warm betrachtete, wie die Jura-Zeit, zeichneten sich durch dramatische Temperaturwechsel aus.

Der Ammonit Lobolytoceras siemensi aus dem Posidonienschiefer von Holzmaden zeigt tropische Verhältnisse im späten Unterjura an. Durchmesser 20 cm (Bild: SMNS / G. Schweigert).

Klimawandel (schon) im Jura

Mit jeder Menge Fragen im Gepäck an mich und meinen damaligen Kollegen Gerd Dietl kam vor wenigen Jahren der an der Universität Kopenhagen tätige Geowissenschaftler Christoph Korte zu Besuch an unser Museum. Vielleicht kommt der Name dem einen oder anderen Sportinteressierten bekannt vor – Christoph Korte war im Jahr 1990 Weltmeister im legendären Deutschlandachter der Ruderer! Bei seinem Besuch ging es natürlich nicht um Sport, sondern um paläoklimatische Forschung, konkret um Veränderungen im Faunenspektrum der Meeresablagerungen im späten Unterjura und frühen Mitteljura. Mir war schon lange aufgefallen, dass es jurazeitliche Gesteinsschichten gibt, in denen die Artenvielfalt der schalentragenden Meeresfossilien auf ein Minimum abnimmt. Zudem gibt es Schichten, in denen fast ausschließlich Ammoniten vorkommen, die in den einstigen Nordmeeren beheimatet waren. Um den beobachteten Veränderungen näher auf die Schliche zu kommen, benötigt man aber geeignetes, gut datiertes Probenmaterial für Isotopenanalysen, denn die Zusammensetzung der darin enthaltenen Sauerstoffisotope lässt Rückschlüsse auf die damals herrschenden Wassertemperaturen zu. Zum Glück hatte ich genau solche Fossilien, wie sie hier für unser Gebiet benötigt werden, mit präzisen Funddaten selbst gesammelt.

Und die Isotopenanalyse zeigt ...

Jetzt, nach der Auswertung der gewonnenen Daten aus der Isotopenanalyse wissen wir: Die Temperatur des Meerwassers war von fast tropischen Verhältnissen im späten Unterjura noch im frühesten Mitteljura in ganz kurzer Zeit um bis zu 10° Celsius abgesunken – und das europaweit! Während der Ammonit Lobolytoceras siemensi aus dem Posidonienschiefer von Holzmaden im späten Unterjura noch tropische Verhältnisse anzeigte, so lässt sich der dramatische Abfall der Meerwassertemperatur im frühen Mitteljura zum Beispiel am Aussterben der Pelikanfuß-Schnecke Toarctocera belegen.

Meeresströmungen als Steuerungsmechanismus

Als Steuerungsmechanismus hinter dieser Temperaturschwankung vermuten wir ein Strömungssystem, das warmes Meerwasser durch eine schmale Meeresstraße, den Viking-Korridor, bis in hohe Breiten beförderte. Durch eine tektonische Hebung im Gebiet der heutigen Nordsee wurde diese warme Meeresströmung abgeschnitten und es kam zu einer empfindlichen Abkühlung mit weltweiten Auswirkungen.

Klimaforscher sprechen hier von einer „Icehouse-Phase“. In der Folge verschwanden beispielsweise diejenigen Meerestiere, die an die warmen Bedingungen angepasst waren, aus dem Gebiet des heutigen Süddeutschlands und zogen sich entweder weiter nach Süden zurück oder starben aus. Darunter waren nicht nur Meeresmuscheln, Meeresschnecken und Belemniten, sondern auch Fische, Krokodile und Fischsaurier.

Ich hätte nicht erwartet, dass die Publikation dieser Ergebnisse in der Zeitschrift „Nature Communications“ ein solches mediales Interesse hervorrufen würde, aber Klima ist derzeit einfach ein heißes Eisen …

Die Anhebung im südlichen Teil des Viking-Korridors veränderte auch die Strömungsverhältnisse im Tethys-Meer, was zu einer Abkühlung des Meeres führte (Bild: G. Schweigert, aus Korte et al. 2015).

Literatur

Korte, C., Hesselbo, S.P., Ullmann, C.V., Dietl, G., Ruhl, M., Schweigert, G. & Thibault, N. (2015): Jurassic climate mode governed by ocean gateway. – Nature Communications, 6: 10015. DOI 10.1038/NCOMMS10015

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