Paläopathologie Teil III: Trias vs. Jura

26.03.2020 | Dr. Erin Maxwell

Was können uns die Spuren von Verletzungen und Krankheiten von marinen Reptilien verraten? Dazu untersuchten wir im Vergleich Fischsaurier aus dem Jura und der Trias.

Stenopterygius (Bild: M. Ecklund).

Früher war alles einfacher?

Der Fossilbericht von Vertebraten besteht meist aus Skelettfunden, und die Knochen ausgestorbener Tiere können uns viel darüber verraten, wie diese lebten und starben. So können Verletzungen und Krankheiten, an denen ein Tier zu Lebzeiten litt, Spuren an den Knochen hinterlassen, die es uns ermöglichen, Rückschlüsse auf das Verhalten und den allgemeinen Gesundheitszustand des Tieres zu ziehen. Dies gilt natürlich auch für Ichthyosaurier. Wir stellten Spuren von Verletzungen und Krankheiten an vielen musealen Sammlungsstücken fest und fragten uns, ob und was uns diese über das Verhalten der marinen Reptilien des Mesozoikums verraten.

Jura

Dr. Judith Pardo-Pérez, eine frühere Post-Doktorandin am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, untersuchte sehr sorgfältig Ichthyosaurier-Skelettfunde aus der Posidonienschiefer-Formation des süddeutschen Jura (vor ca. 182 Mio. Jahren).

Dabei dokumentierte sie alle sichtbaren Skelettschäden und kategorisierte sie nach Häufigkeit, Art und Vorkommen/Verteilung. Wir analysierten diese Datensätze und entdeckten, dass die Verteilung der Pathologien (also der zu Lebzeiten entstandenen Verletzungen im Gegensatz zu post mortem beigebrachten Schäden) am Skelett und innerhalb sowie zwischen den Arten keinesfalls zufällig war:

Z.B. zeigte ein Viertel aller Schädel des SpitzenräubersTemnodontosaurus Verletzungen, die durch Bisse von Artgenossen stammen. Dagegen wiesen nur 4% der Schädel des mittelgroßen Ichthyosauriers Stenopterygius Verletzungen auf. Gebrochenen Rippen, die im Begriff waren zu heilen, ließen sich bei allen untersuchten Arten der beiden Gattungen (Temnodontosaurus und Stenopterygius) finden, wogegen Erkrankungen wie Arthritis oder Wirbelsäulenerkrankungen so gut wie nicht existent waren. Soviel zu den Ichthyosauriern des Jura.

Trias

Doch wie verhält es sich bei triassischen Ichthyosauriern? Diese Frage hatte sich bis dato noch niemand gestellt, denn Beschreibungen von Pathologien aus dieser Zeit sind in der Wissenschaft so gut wie nicht beschrieben, was einige Wissenschaftler zu der Hypothese kommen ließ, dass das marine Ökosystem in der Trias weniger gefährlich gewesen sein. Doch lagen die geringen Pathologiefunde daran, dass es sie nicht gibt oder daran, dass noch niemand danach gesucht hat?

Wir wollten die Hypothese des weniger gefährlichen Ökosystems testen und zogen für den Vergleich der Skelettverletzungen und -Erkrankungen Ichthyosaurier (v.a. Mixosaurus, aber auch Cymbospondylus, Besanosaurus, Wimanius und Mikadocephalus) aus der mittleren Trias (vor ca. 240 Mio Jahren) aus Monte San Giorgio (Schweiz) heran. Judith sammelte die Datensätze in der exakt gleichen Weise wie im ersten Teil der Studie, um sie anschließend zu ordnen und zu analysieren.

Insgesamt betrachtet fanden wir Skelettverletzungen und -Erkrankungen in ähnlicher Häufigkeit sowohl in den jurassischen als auch den triassischen Arten. Dass die Arten aus der Trias also ein gesünderes oder weniger gefährliches Leben hatten – weniger Konkurrenz und Prädationsdruck -, konnten wir demnach nicht bestätigen. Vielmehr fanden wir heraus, dass die geringe Datenlage an beschriebenen Pathologien daran lag, dass sie bislang niemand erfasst hatte.

Mehr Daten, neue Erkenntnisse

Trotz der ähnlichen Häufigkeit an Skelettverletzungen und -Erkrankungen insgesamt bei triassischen und jurassischen Ichthyosauriern, gab es doch erhebliche Unterschiede, welche Körperpartien im Einzelnen besonders betroffen waren. Wir schauten uns dazu die jeweils häufigste Gattung aus beiden Zeitaltern an: Stenopterygius aus dem Jura und Mixosaurus aus der Trias.

Die Verletzungen bei Mixosaurus konzentrierten sich auf die Hinterextremitäten und den Schwanz, wohingegen diese Regionen bei Stenopterygius die wenigsten Schäden aufwiesen. Stattdessen zeigten sich bei Stenopterygius v.a. verheilte Rippenbrüche, die es wiederum gar nicht bei Mixosaurus gab. Was schließen wir daraus? Dass diese Unterschiede in der Verteilung der Verletzungen bei Mixosaurus im Vergleich zu Stenopterygius als Folge von Änderungen der Körperform und des Schwimmstils anzusehen sind.

Trias-Ichthyosaurier, einschließlich Mixosaurus, hatten eine länglichere Körperform mit kleiner Schwanzflosse, die von eng ineinander greifenden Wirbeln und Dornfortsätzen gestützt wurde und anfällig für traumatische Verletzungen und Gelenkerkrankungen war. Bei Ichthyosauriern aus dem Jura, wie Stenopterygius, hingegen wurde die Schwanzflosse mit Weichgewebe stabilisiert und die Schwanzwirbel sind weniger eng ineinander greifend, so dass mechanische Beanspruchungen nicht zu Gelenkbelastungen im Schwanzbereich führten.

Eine ähnliche Ursache könnte die hohe Häufigkeit gebrochener und wieder geheilter Rippen bei Stenopterygius erklären, die bei Mixosaurus nicht beobachtet wurde. Während Stenopterygius sich mit seinem länglicheren Körper aalähnlich fortbewegte, konnte Mixosaurus mit seinem „Thunfisch Schwimmstil“ schneller schwimmen und mit seinem stämmigeren Körper Gegner bei aggressiven Auseinandersetzungen in die Seite rammen, was zu Verletzungen im Torso (z.B. Rippen) führte.

Daher scheinen Änderungen des Ichthyosaurier-Bauplans einen größeren Einfluss auf die Art und Häufigkeit der beobachteten Verletzungen gehabt zu haben als Änderungen auf Ökosystemebene.

Literatur

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