Sag mir wo die Blumen sind

22.12.2016 | Dr. Arno Wörz

Die Floristische Kartierung Baden-Württembergs: ein Projekt, dass ohne die tatkräftige Beteiligung von ehrenamtlichen Kartierern (Citizen Scientists) so nicht möglich wäre!

Blühende Arnika (Arnica montana) (Bild: M. Thiv).

Die Floristische Kartierung von Baden-Württemberg

Schon seit 1975 kartieren die Botaniker des Naturkundemuseums die Farn- und Blütenpflanzen des Landes. In jahrelanger Arbeit wurde eine erste flächendeckende Kompletterhebung der Flora Baden-Württembergs durchgeführt. Und schon damals standen die Profis nicht alleine, vielmehr halfen viele ehrenamtliche Mitarbeiter im ganzen Land dabei, diesen Datenbestand zu erheben. Heute nennt man das „citizen science“. In den 1990er Jahre wurde das Projekt mit einem achtbändigen Werk „Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs“ vorläufig abgeschlossen.

Nun bleibt in der Pflanzenwelt nicht alles beim Alten, vielmehr ändert diese sich gerade in der heutigen Zeit durch den Einfluss des Menschen. Daher wurde 2008 eine komplette Neuerhebung des gesamten Datenbestandes in die Wege geleitet. Auch diesmal sind wieder ehrenamtliche Kartierer dabei, insgesamt ca. 180 Menschen! Die Botanikerinnen und Botaniker des Museums unterstützen diese bei gemeinsamen Kartierexkursionen, Kartierertreffen und  Schulungen für schwierig zu bestimmende Gruppen. Die Daten kommen an die Zentralstelle für die Floristische Kartierung am Naturkundemuseum in Stuttgart, werden dort einer Plausibilitätsprüfung unterzogen und fließen dann in die Datenbank und die Karten ein. Das Projekt wird in Kooperation  mit der Botanischen Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutschlands (BAS) durchgeführt und vom Ministerium Ländlicher Raum (MLR) finanziell unterstützt.

Die Idee dahinter und erste Ergebnisse

Die Idee war, dass durch den Vergleich der vorherigen mit der neuen Kartierung die Änderungen in der Flora mit belastbaren Zahlen dargestellt werden können. Obwohl die Neukartierung noch lange nicht fertiggestellt ist – das wird voraussichtlich erst in etwa fünf Jahren der Fall sein –  zeigt sich in den bereits bearbeiteten Gebieten ein deutlicher Trend: Viele seltene, einheimische Arten nehmen ab, dagegen beobachtet man eine Zunahme von „Neophyten“, Pflanzen, die in das Gebiet einwandern. Diese wachsen aber meist an anderen Standorten als die einheimischen Arten, z.B. auf Schuttplätzen, Straßenrändern oder „wüsten Flächen“ in  Siedlungsnähe. Eine unmittelbare Konkurrenz und Verdrängung liegt daher nicht vor – von wenigen Ausnahmen wie dem Indischen Springkraut oder der Kanadischen Goldrute abgesehen. Außerdem zeigt sich eine Zunahme stickstoff- und wärmeliebender Arten. Mögliche Ursachen dafür sind die hochintensive Landwirtschaft mit ihrem Düngereinsatz und die zunehmende Besiedlung, die wärmeliebende Arten ebenso fördert wie der Klimawandel. Eine erste Publikation dazu liegt bereits vor (Wörz & Thiv 2015).

Die Daten der vorherigen wie der jetzigen Kartierung sind für jedermann im Netz einsehbar unter www.flora.naturkundemuseum-bw.de. Dort vermitteln interaktive Rasterkarten den Stand der Kartierung und die Verbreitung der Arten.

Die Floristische Kartierung ist aber nicht nur eine reine Angelegenheit des Landes. Vielmehr fließen die Daten auch in übergeordnete Projekte ein. Eines davon ist der „Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands“, in dem die Verbreitung aller in Deutschland vorkommenden Arten kartographisch dargestellt wird. Unsere Daten decken hier Baden-Württemberg ab.

Dank an alle Beteiligten!

Diese Kartierung ist nur möglich durch die tatkräftige Mitarbeit der ehrenamtlich tätigen Kartierer. Allen sei an dieser Stelle für ihr unermüdliches Engagement herzlich gedankt. Wer sich daran beteiligen möchte, ist gerne willkommen. Einzige Voraussetzung ist eine guten Kenntnis der heimischen Flora (Kontakt: floristische.kartierung(at)smns-bw.de).

Literatur

  • Netzwerk Phytodiversität Deutschland e.V. & Bundesamt für Naturschutz (2013): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Bonn-Bad Godesberg.
  • Sebald, O., Seybold, S. & Philippi, G. (1990–1992): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Ulmer-Verlag, Stuttgart.
  • Sebald, O., Seybold, S., Philippi, G. & Wörz, A. (1996–1998): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Ulmer-Verlag, Stuttgart.
  • Wörz, A. & M. Thiv (2015): The temporal dynamics of a regional flora—The effects of global and local impacts. – Flora 217: 99-108.

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