15.05.2003 - 27.07.2003 | Sonderausstellung im Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, Museum am Löwentor

Gentechnik – pro & contra

Sonderausstellung

Es gibt nur wenige Technologien, die so umstritten sind wie die Gentechnik. Auf der einen Seite steht ungebrochenes Fortschrittsdenken, werden neue Perspektiven für die Heilung schwer Kranker oder mit Erbleiden Geschlagener sichtbar, erscheint die Lösung der prekären Situation der Welternährung am Horizont. Auf der anderen Seite überwiegen Skepsis und Angst. Befürchtungen, dass so grundsätzliche Eingriffe in das Erbgut die bekannten Abläufe der Evolution sprengt. Dass durch die Kombination von Genen unterschiedlicher Arten nicht nur die angestrebten positiven Effekte, sondern auch unerwünschte und möglicherweise unkontrollierbare Nebenwirkungen auftreten. Dass lebenswertes Leben neu definiert und der von wem auch immer gesteuerten Erschaffung des „neuen Menschen“ Tür und Tor geöffnet sind.

Aus einer ursprünglich rein wissenschaftlichen Diskussion ist längst eine mit tief greifenden philosophischen und ethischen Dimensionen geworden. Dabei nehmen beide Seiten die Moral für sich in Anspruch. Darf der Mensch in „Gottes Bauplan der Natur“ eingreifen oder nicht? Andererseits: Muss er nicht die mögliche Heilung Erbkranker anstreben, mit allen möglichen Mitteln?

Noch vor 150 Jahren war der Mechanismus der Vererbung völlig unbekannt. Gregor Mendels heute berühmten Versuche im Klostergarten von Brünn blieben lange weit gehend unbeachtet, bis sie vor hundert Jahren „wieder entdeckt“ wurden. Dann setzte rasanter Fortschritt ein. In einem Tübinger Labor wurde 19xx die Desoxyribonucleinsäure (DNA) als Erbsubstanz identifiziert. Vor genau 50 Jahren stellten die amerikanischen Biologen Watson und Crick ihr berühmtes Modell der Doppelhelix vor: zwei spiralig umeinander gewundene DNA-Fäden, in denen die Erbinformationen aufgeschrieben sind und die heute zu einer allgegenwärtigen Ikone einer neuen, höchst dynamischen Disziplin der Biologie geworden sind. Ursprünglich reine Grundlagenforschung in den Labors der Genetiker, ist die Gentechnik als bedeutender Teil der heutigen Biotechnologie längst auch wirtschaftlich interessant geworden. Dass sich vor allem Großkonzerne gentechnische Forschung leisten können und ihre Forschungsergebnisse durch Patente sichern, ruft auch Kritiker auf den Plan, die der Sache selbst eigentlich positiv gegenüber stehen.

Fazit: Es ist schwierig, sich in diesem Dschungel von Meinungen und (Vor-)Urteilen ein eigenes Bild zu machen. In solchen Fällen ist sinnvoll, sich einmal der Grundlagen zu gewärtigen. Wie funktioniert Vererbung eigentlich? An welchen Stellen greifen Gentechniker ein, und wie tun sie das? Wo werden gentechnische Methoden heute schon angewandt, und wie sehen die Ziele für die nähere Zukunft aus? Welche rechtlichen Voraussetzungen sollen verhindern, dass aus „guter“ Gentechnik „schlechte“ wird – und wie groß ist die Gefahr, dass die notwendige ethische Diskussion den scheinbar unbremsbaren Fortschritten der Biotechnologie immer atemloser nachhechelt?

Unsere neue Sonderausstellung versucht, Antworten zu geben, um eine sachliche Diskussion möglich zu machen. Sie wurde von „dialog gentechnik“, einem Verein aus österreichischen wissenschaftlichen Gesellschaften, konzipiert und gestaltet und wird vom 15.05. bis zum 27.07. im Museum am Löwentor zu sehen sein.

Genlabor

Wer hat schon mal echte Erbsubstanz gesehen? Studenten von Prof. Dr. Martin Blum (Leiter des Fachbereichs Zoologie an der Universität Hohenheim) werden in der Ausstellung während der gesamten Laufzeit ein kleines Genlabor betreiben, in dem sie Versuche rund um die DNA vorführen.

Begleitvorträge im Museum am Löwentor, Beginn jeweils um 18.00 Uhr:

  • Donnerstag, 5. Juni.2003: Prof. Dr. Martin Blum, Universität Hohenheim: Chancen und Risiken der Gentechnik.
  • Mittwoch, 25. Juni 2003: Prof. Dr. Albrecht Müller, Fachhochschule Nürtingen: Dürfen wir Tiere gentechnisch verändern?
  • Mittwoch, 9. Juli: Dr. Werner Pflug, Landeskriminalamt Baden-Württemberg: Genetischer Fingerabdruck bei der Aufklärung von Kriminalfällen.
  • Mittwoch, 23. Juli: Dr. Karin Jurkat-Rott, Universität Ulm: Gentechnik in der Medizin.

Führungen

Wer Interesse an Führungen hat: Bitte melden Sie sich bei unserer Museumspädagogik an (0711 8936 126).