Die Forschungs- und Arbeitsfelder des Museums sind unter dem Motto „Evolution von Organismen und Lebensräumen“ in sechs Programmen gebündelt:
Programmbereich Forschung
1. Biologische Systematik und Phylogenie
Die sammlungsbasierte Beschreibung von Arten und höheren Taxa und deren Interpretation in einem evolutionsbiologischen Zusammenhang gehören zu den Kernkompetenzen des SMNS und bilden die Basis aller weitergehenden Forschungsprogramme.
2. Biodiversität und Biogeografie
Die
Vielfalt des Lebens wird auf allen drei Ebenen exemplarisch untersucht –
Biodiversität der Gene, der Arten und der Ökosysteme. Vor allem
Langzeituntersuchungen zur Biodiversität sind mit biogeografischen Analysen
kombiniert.
3. Ökologie fossiler und rezenter Lebensräume
Die
Analyse komplexer Ökosysteme aus verschiedenen Zeitschnitten führt zu
tiefgreifenden Einblicken in Artengemeinschaften und ihre Beziehungen zu
Lebensraum und Klima. Unsere umfassende Expertise (Botanik, Paläobotanik,
Zoologie, Paläozoologie, Ökophysiologie) erlaubt einen breiten
Forschungsansatz.
4. Freie Forschungsfelder
Freie
Forschungsthemen geben uns die Möglichkeit, flexibel auf aktuelle Fragen und
gesellschaftliche Ansprüche zu reagieren.
5. Sammlungsentwicklung und Forschungsinfrastruktur
Die Sammlungen als Archive der Biodiversität
werden konsequent gepflegt und zielgerichtet ausgebaut. Dazu gehört auch der
Ausbau eines Gewebe- und DNA-Archivs. Die vielfältige Methodenkompetenz in der
Präparation und Anwendung moderner bildgebender Verfahren für Forschung und
Sammlung wird weiterentwickelt. Die digitale Erfassung und internationale
digitale Vernetzung der Sammlungsbestände wird intensiv vorangetrieben.
Programmbereich Kommunikation
6. Ausstellungskonzeption und Wissenstransfer
Der
intensive Wissenstransfer in die Gesellschaft gehört zu den Kernkompetenzen des
Museums und prägt seine Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit. Die enge Verknüpfung von Forschung, Ausstellung und
Vermittlung ist eine ausgesprochene Stärke des SMNS. Die Ausstellungen werden ständig weiterentwickelt, ebenso neue Formate des Wissenstransfers. Wir sind damit im naturwissenschaftlichen Bereich einer der wichtigsten Träger der kulturellen Bildung des Landes.
Querschnittsthemen
Innerhalb und zwischen den Arbeits- und Forschungsprogrammen wird die interne Vernetzung durch mittelfristig definierte Querschnittsthemen gestärkt und das Forschungsprofil des Museums geschärft.
Folgende Querschnittsthemen (Q1-Q4) werden aktuell bearbeitet:
Q 1 Integrative Phylogenie und Evolution von
Lebensstrategien
Schlüsselereignisse in der Evolution der
Organismen werden gemäß den Sammlungsschwerpunkten des SMNS vor allem an
Arthropoden, Fischen, Amphibien und Reptilien untersucht. Morphologische Daten
von Fossilien und rezenten Organismen werden mit molekularen Daten verknüpft
und ermöglichen robuste, datierte Phylogenien. Die erstellten Stammbäume
erlauben neue Hypothesen zum Einfluss evolutionärer Anpassungen und
Lebensstrategien auf die Entstehung von Artenvielfalt.
Q 2 Biodiversitätsmuster: Arten und ihre Verbreitung
Wo leben welche Arten und warum? Durch die
Integration verschiedener Methoden erfassen wir Artenvielfalt und ihre
Verbreitung in Modellregionen der Erde mit hoher Biodiversität, darunter Inseln
und Archipele, aber auch Savannen und Wüsten. Ziel ist ein umfassendes
Verständnis allgemeiner biogeographischer Muster und biologischer Prozesse als
Voraussetzung für den langfristigen Erhalt von Biodiversität.
Q 3 Biodiversität im Anthropozän – Modellregion
Baden-Württemberg
Die Vielzahl unterschiedlicher Naturräume und
eine hohe Artenvielfalt machen Baden-Württemberg zu einer idealen Modellregion
für Biodiversitätsforschung. Der Einfluss menschlicher Aktivitäten auf die
Verbreitung und Populationsgrößen von Arten wird im Rahmen langfristiger
Erfassungs- und Monitoring-Programme untersucht. Die Daten – erhoben in
Zusammenarbeit der Taxonomen des SMNS mit ehrenamtlich engagierten Bürgern
(citizen scientists) – dienen unter anderem als Grundlage eines effizienten
Naturschutzes.
Q 4 Rekonstruktion fossiler Lebensräume
Baden-Württemberg bietet eine Reihe
international bekannter und wissenschaftlich relevanter Fossillagerstätten,
die vom SMNS wissenschaftlich bearbeitet
werden. Diese Lagerstätten decken etwa 250 Mio. Jahre ab und reichen vom
Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper über den Posidonienschiefer und Weißen
Jura bis hin zum miozänen Randecker Maar und Fundstellen des Quartärs.
Ausgewiesene Grabungsexpertise und Erfahrung in der Auswertung geologischer
und paläontologischer Befunde ermöglichen die Rekonstruktion der Lebensräume
und ihrer Paläoökologie.