Genomische und ökologische Analysen der Ausbreitung der invasiven Ameisenart Tapinoma magnum in Baden-Württemberg als Grundlage für ein effektives Management
Genomische und ökologische Analysen der Ausbreitung der invasiven Ameisenart Tapinoma magnum in Baden-Württemberg als Grundlage für ein effektives Management
Die aus dem Mittelmeergebiet stammende Ameisenart Tapinoma magnum bildet riesige Superkolonien und bedroht zunehmend Gebäude und Infrastruktur in Baden-Württemberg und anderen Regionen Deutschlands. Das „Tapinoma-Projekt“ bündelt die Expertise der Staatlichen Naturkundemuseen Stuttgart und Karlsruhe mit Citizen Science, um diese Herausforderung zu bewältigen. Ein moderner Forschungsansatz, basierend auf genomischen und ökologischen Untersuchungen, soll die Dynamik der Invasion analysieren, um langfristig effektive Managementstrategien zu entwickeln. Geplant sind die Koordination und Vernetzung mit Regionen in Deutschland, der Schweiz und Frankreich, um den Schaden weiter einzudämmen. Workshops werden den Austausch fördern und zukünftige biologische Überwachungsinitiativen unterstützen.
Die Forschenden wollen mit Hilfe der Langzeit-Genomsequenzierung ein qualitativ hochwertiges Referenzgenom für die invasive Tapinoma magnum erstellen. Mit Hilfe dieses Genoms können genetische Marker identifiziert werden, die eine Bestimmung des Invasionsursprungs ermöglichen, die Ausbreitung über Mitteleuropa festhalten und die Unterscheidung zwischen invasiven und heimischen Arten erleichtern. Die Zusammenarbeit der Expert*innen der Staatlichen Museen für Naturkunde Stuttgart und Karlsruhe stellt hierbei eine zuverlässige Bestimmung und langfristige Sammlung von Beleg- und Vergleichsexemplaren sicher.
Eine Genotypisierung von Individuen aus heimischen und invasiven Populationen ermöglicht es, die Quellen der Invasion zu identifizieren. Das Zusammenwachsen verschiedener Kolonien kann dokumentiert und geographische Barrieren, die die Ausbreitung einschränken, können identifiziert werden. Zusätzlich zu diesen geplanten Schritten wird das Projekt auch das Ausmaß des „Gründereffekts“ und die nachfolgende demographische Expansion während der Invasion von Tapinoma magnum bewerten. Diese Analyse wird wichtige Einblicke in die genetische Entwicklung und die Anpassungsfähigkeit der invasiven Ameisenpopulation liefern, die für das Verständnis der Ausbreitungsdynamik entscheidend sind.
Bürger*innen werden aufgerufen, Exemplare von Tapinoma magnum zu sammeln, die Sammeldaten zu dokumentieren und ihre Funde zu melden. Die Einbindung von Bürger*innen (Citizen Science) in die naturwissenschaftliche Forschung ermöglicht die Abdeckung großer geografischer Bereiche Baden-Württembergs. Die gesammelten Daten bilden die Basis für die räumliche und zeitliche Nachverfolgung der Invasion.
Mit Hilfe ökologischer Daten aus heimischen und invasiven Gebieten werden die Forschenden Umweltvariablen identifizieren, die das Vorkommen von Tapinoma magnum beeinflussen. Durch die Einbeziehung von Klimadaten und Stadtentwicklungsplänen wird zudem modelliert, ob und wie die Invasion der Ameisenart durch neue Anpassungen oder Veränderungen der Umweltbedingungen wie Klima oder städtische Expansion begünstigt wird. Dieses Modell ermöglicht es, unter Berücksichtigung verschiedener Zukunftsszenarien vorherzusagen, in welchen geografischen Gebieten eine Ausbreitung am wahrscheinlichsten ist. Über ein Ampelsystem bilden diese Modelle die Grundlage für eine Risikoanalyse für Städte und Gemeinden.
Die Expert*innen möchten auf der Grundlage ihrer Forschungsergebnisse eine Handlungsempfehlung (White Paper) für betroffene Kommunen mit praktischen Hinweisen zum Erkennen, Abbremsen und Eindämmen von Invasionen sowie Best-Practice-Beispielen für den passiven Schutz kritischer Infrastrukturen erstellen. Für Privatpersonen wird ein Leitfaden mit Bestimmungsschlüssel und in Abstimmung mit der LUBW ein Meldeportal mit Möglichkeiten zur Registrierung eines Tapinomabefalls erstellt. Die Projektergebnisse werden auf einer Abschlusstagung mit Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft diskutiert.
Dieses Projekt wird gemeinsam vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart (Prof. Dr. Ricardo Pereira / Prof. Dr. Lars Krogmann) und dem Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe (Prof. Dr. Martin Husemann / Dr. Manfred Verhaagh) koordiniert und in enger Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim (Prof. Dr. Christian Rabeling) sowie Forschenden des Kompetenzzentrums für Biodiversität und integrative Taxonomie (KomBioTa) durchgeführt.
Gemeinsames Projekt mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe