11.03.2025 | Forschungsteam stellt einen umfassenden Überblick der Trias-Landwirbeltiere und ihrer Umwelt im Mitteleuropäischen Becken vor

Triassic Life: Urlurche, Krokodilverwandte, frühe Dinosaurier und Vorfahren der Säugetiere

PRESSEMITTEILUNG
Der Saurier Batrachotomus im Lettenkeuper-Diorama im Museum am Löwentor

Stuttgart,11.03.2025. Die Trias war eine der wichtigsten erdgeschichtlichen Epochen in der Entwicklung des Lebens auf der Erde. Nach einem der größten Massenaussterben vor 252 Millionen Jahren entstanden in dieser Zeit nicht nur die Dinosaurier, sondern auch viele andere Gruppen von Landwirbeltieren, die zahlreiche Lebensräume eroberten. Das Mitteleuropäische Becken ist seit dem frühen 19. Jahrhundert eine historisch bedeutsame Region für die Erforschung der Trias und liefert bis heute eine Fülle neuer spektakuläre Funde. Vor allem in Südwestdeutschland sind Gesteinsschichten und Fossilien aus dieser Zeit besonders gut erhalten. Ein internationales Forschungsteam des Naturkundemuseums Stuttgart um die Paläontologen Dr. Eudald Mujal und Prof. Dr. Rainer Schoch hat nun einen umfassenden Überblick über die triassischen Landwirbeltiere, die so genannten „terrestrische Tetrapoden", des Mitteleuropäischen Beckens vorgelegt. In diesem Grundlagenwerk haben die Wissenschaftler*innen sowohl alle bekannten fossilen Skelettreste als auch alle bekannten versteinerten Fußabdrücke erstmals gemeinsam analysiert. Zahlreiche Belege stammen aus den umfangreichen paläontologischen Sammlungen des Naturkundemuseums Stuttgart. Die in der Fachzeitschrift „Earth-Science Reviews" veröffentlichte Forschungsarbeit ermöglicht eine detaillierte Rekonstruktion der triassischen Landwirbeltierfauna, ihrer Paläoumwelt, Ökologie und Evolution.

Die Trias in Südwestdeutschland
Die erdgeschichtliche Periode der Trias umfasst den Zeitraum von vor 251 bis vor 201 Millionen Jahren. Das Gebiet des heutigen Baden-Württemberg war ein zentraler Teil des Mitteleuropäischen Beckens. Aufgrund des außergewöhnlichen Fossilienreichtums und der großflächigen Aufschlüsse von Gesteinen in dieser Region lassen sich die damaligen Ökosysteme gut rekonstruieren.

„Die Trias ist ein wichtiges Fenster in die Vergangenheit, um Evolutionsmuster, Anpassungen und die Entstehung ökologischer Nischen zu verstehen. Besonders faszinierend sind die Landwirbeltiergemeinschaften. In der Trias begann der Aufstieg der Dinosaurier, es gab bereits Vorläufer der heutigen Säugetiere und räuberische Krokodilverwandte trafen auf riesige Amphibien. Die Erforschung der Umwelt und der Tiergemeinschaften ist für uns extrem spannend“, sagt Dr. Eudald Mujal, Paläontologe am Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart und Erstautor der Studie.

Ökologie, Biodiversität, Klimawandel
Die Forschung zeigt, dass die Trias eine wichtige Periode in der Erdgeschichte war, in der die Grundlagen für die Entwicklung komplexer Lebensformen und der terrestrischen Wirbeltier-Ökosysteme, wie wir sie heute kennen, gelegt wurden. Durch die Kombination verschiedener Forschungsansätze können die Wissenschaftler*innen umfangreiche Aussagen zur Biodiversität, zur Ökologie der einzelnen Arten oder über die wechselnden klimatischen Bedingungen der damaligen Zeit machen. Die Vielzahl der untersuchten Fossilien deutet zugleich auf eine größere Diversität der Landwirbeltiere in der Trias hin als bisher angenommen.

„Wir haben alle Fossilienfunde miteinander in Beziehung gesetzt. So können wir verstehen, wie sich die triassischen Tetrapodengemeinschaften in ihrer Umwelt entwickelt haben und wie sie zum Beispiel auf Klimaveränderungen reagierten. Unsere Ergebnisse können auch als Modell für heutige Ökosysteme dienen. Ein umfassender Überblick über eine erdgeschichtliche Periode, wie die Trias, kann uns auch heute helfen, die langfristigen Folgen von Klimawandel und Biodiversitätsverlust abzuschätzen“, so Dr. Eudald Mujal.

Bedeutendes Grundlagenwerk für die Paläontologie
Die Fossiliensammlungen des Stuttgarter Naturkundemuseums sind von weltweiter Bedeutung und eine Referenz für die Erforschung der Trias. Die jetzt veröffentlichte Übersichtsarbeit wurde durch die Zusammenarbeit einer interdisziplinären Forschungsgruppe am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart ermöglicht, in der Spezialist*innen zu verschiedenen Aspekten und Wirbeltiergruppen der Trias arbeiten.

„Unser Team hat für dieses wichtige Projekt alle relevanten Fossilien und geologischen Schichten der Triaszeit in Süddeutschland und anderen Teilen Europas analysiert und verschiedene Forschungsansätze miteinander kombiniert. Gleichzeitig wurde eine umfassende Literaturübersicht erstellt. Insgesamt leistet die Publikation einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Erdgeschichte und der Entwicklung der Organismen auf der Erde“, so Prof. Dr. Rainer Schoch, Leiter der Paläontologie am Naturkundemuseum Stuttgart.

Sonderausstellung „Triassic Life“ in Stuttgart
Zahlreiche Funde von Landwirbeltieren aus der Triaszeit sind im Museum am Löwentor in Stuttgart zu sehen: Darunter Krokodilverwandte - die Top-Räuber ihrer Zeit, riesige Superlurche, die älteste Schildkröte der Welt, die ersten Dinosaurier Europas, Panzerechsen und Überreste der ersten winzigen Vorfahren der heutigen Säugetiere. Ab dem 17.10.2025 zeigt das Naturkundemuseum Stuttgart zusätzlich die Große Sonderausstellung Baden-Württemberg "Triassic Life - Aufbruch in die Zeit der Saurier" mit weiteren spannenden Funden aus der Trias.

Für die Redaktionen

Originalpublikation:
Eudald Mujal, Hans-Dieter Sues, Raphael Moreno, Joep Schaeffer, Gabriela Sobral, Sanjukta Chakravorti, Stephan N.F. Spiekman, Rainer R. Schoch: Triassic terrestrial tetrapod faunas of the Central European Basin, their stratigraphical distribution, and their palaeoenvironments. Earth-Science Reviews.
Publikationsdatum: 04.03.2025
DOI: https://doi.org/10.1016/j.earscirev.2025.105085

Bildmaterial:

Bild 1:1_E. Mujal_Triassischer Lebensraum_Buntsandstein_SMNS, M. Rech
Bildbeschreibung: Dr. Eudald Mujal vor einem Lebensraum der frühen Triaszeit im Museum am Löwentor.
Vor etwa 250 Millionen Jahren, während der Buntsandsteinzeit, war die Landschaft karg und wüstenartig. Fossile Spuren (im Vordergrund) und einzelne Skelettreste geben Aufschluss über die Bewohner dieses Lebensraums. Krokodilvorfahren, einige mit Segeln auf dem Rücken, waren Reptilien, die hier lebten.
Urhebervermerk/Copyright: SMNS, M.Rech

Bild 2: 2_Trias_Batrachotomus_Lettenkeuper_SMNS, M.Rech
Bildbeschreibung: Der Saurier Batrachotomus kupferzellensis war der Spitzenräuber seines Ökosystems und gehörte zu der gefährlichsten Tiergruppe seiner Zeit, den sogenannten Pseudosuchiern, die zu den Krokodilverwandten gehören. Es sind mehrere fossile Teilskelette von Batrachotomus aus Fundstellen in Baden-Württemberg bekannt. Er sah aus wie ein Krokodil mit langen und aufgerichteten Gliedmaßen und war ein agiler, vierbeinig laufender Räuber und wurde bis zu sechs Meter lang. Seine Zahnkronen glichen Messerklingen mit gezackten Rändern, ähnlich wie die Zähne der später lebenden fleischfressenden Dinosaurier. Diese Zähne waren hervorragend an die räuberische Lebensweise angepasst. Er jagte vor 240 Millionen Jahren in einer warmen und feuchten Sumpflandschaft zwischen großen Schachtelhalmen nach seiner Beute, beispielsweise nach dem riesigen Ur-Lurch Mastodonsaurus.
Urhebervermerk/Copyright: SMNS, M. Rech

Bild 3: 3_Fossile_Saurier_Fussspuren_Trias_SMNS_E. Mujal
Bildbeschreibung: Fossil erhaltene Saurierspuren aus der Obertrias.  Die Forschungsgruppe berücksichtigte neben fossilen Skelettresten auch Fußabdrücke und Fährten für die umfassende Beschreibung der Triaszeit des Mitteleuropäischen Beckens.
Urhebervermerk/Copyright: SMNS, E. Mujal

Bild 4:4_Aetosauriernest_Trias_Museum am Loewentor, SMNS, E. Mujal
Bildbeschreibung: Ein spektakulärer Fund aus Stuttgart-Kaltental: 22 Adlerkopfechsen in Fundlage, die eng beieinander liegen. Adlerkopfechsen waren entfernte Verwandte der Krokodile. Sie waren vermutlich Allesfresser. In der Obertrias-Zeit war diese Tiergruppe über ein großes Gebiet verbreitet. In Baden-Württemberg gibt es mehrere sehr gut erhaltene Funde von Aetosauriern.
Urhebervermerk/Copyright: SMNS, E. Mujal

Bild 5:5_Trias_Dinosaurier_Plateosaurus_Keuper_SMNS, M. Rech
Bildbeschreibung: Dinosaurier in Südwestdeutschland: Der Dinosaurier Plateosaurus war ein besonders großer Sauropodomorphe. Vor 210 Millionen Jahren war er der größte Landwirbeltier, aber noch ein sehr kleiner Vorläufer der späteren riesigen Langhalssaurier. Fossilien von Plateosauriern wurden beispielsweise in Stuttgart-Degerloch und Trossingen gefunden. Vor 210 Millionen Jahren war das Klima warm und trocken.
Urhebervermerk/Copyright: SMNS, M. Rech

Bitte beachten Sie, dass eine Verwendung des Bildmaterials nur mit Urhebervermerk gestattet ist. Vielen Dank.

Kontakt für Fachinformationen:
Dr. Eudald Mujal
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Germany
Tel. +49/(0)711/89 36/166
E-mail: eudald.mujalgrane(at)smns-bw.de

Dr. Eudald Mujal steht Ihnen für weiterführende Informationen und Interviews gerne zur Verfügung.

Pressekontakt:
Meike Rech, Abteilung Kommunikation
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Germany
Tel.: +49/(0)711/8936/107
E-Mail: meike.rech(at)smns-bw.de

Das Naturkundemuseum Stuttgart: Innovative Forschung und Wissensvermittlung im Fokus.
Mit den Forschungssammlungen, den "Archiven der Vielfalt", beherbergt das Museum über 12 Millionen Objekte. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Tätigkeit stehen die Erforschung der Evolution des Lebens sowie die Analyse der Artenvielfalt verschiedener Ökosysteme. In zwei Dauerausstellungen, wechselnden Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Führungen werden im Naturkundemuseum sowohl naturkundliches Grundwissen als auch aktuelle Forschungserkenntnisse an die breite Öffentlichkeit vermittelt, um das Verständnis für die Natur und ihre komplexen Zusammenhänge nachhaltig zu fördern.
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