Die Entstehung der „Warmblütigkeit“ (Endothermie) war ein Meilenstein in der Entwicklung der Säugetiere: Die Fähigkeit, eine hohe und konstante Körpertemperatur aufrechtzuerhalten, ermöglicht die Erschließung neuer Lebensräume auch bei rauen Klimabedingungen.
Obwohl Endothermie zu den wichtigsten und erfolgreichsten Anpassungen der Säugetiere zählt, stellt die Erforschung ihrer evolutionären Entstehung jedoch häufig eine Herausforderung dar. Fossile Überreste weisen meist nur wenige Merkmale auf, die Annahmen über die Körpertemperatur oder Wärmeerzeugung (Stoffwechselrate) der Tiere zulassen. Eines dieser Merkmale ist der Bau der Nasenhöhle und der darin enthaltenen Knochenstrukturen, wie die untere Nasenmuschel. Da diese einen wichtigen Beitrag zur Wärmeregulation bei Säugetieren leistet, bestand die Vermutung, dass die Entwicklung dieser Struktur eng mit der Evolution der Endothermie verbunden sein muss. Dabei galt: Je größer die Oberfläche der unteren Nasenmuschel, desto ausgeprägter die Endothermie.
Ein internationales Team rund um Dr. Quentin Martinez vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart konnte nun jedoch zeigen, dass es keine direkte Beziehung zwischen dem Bau der Nasenmuscheln und der Körpertemperatur oder Stoffwechselrate von Säugetieren gibt.
Für die Untersuchungen machte das Team Mikro-CT-Aufnahmen der Schädel von über 300 Säugetierarten. Auch ein menschlicher Schädel wurde gescannt. Dafür hielt Dr. Martinez sprichwörtlich seinen eigenen Kopf hin.
Das Ergebnis: Die relative Oberfläche der unteren Nasenmuschel spiegelt bei vielen Tieren nicht die erwartete Körpertemperatur und Stoffwechselrate wider. Säugetierarten mit ähnlichen Körpertemperaturen können unterschiedlich große Nasenmuscheln besitzen.