Flache Meeresbereiche in Küstennähe bieten Lebensraum für eine große Vielfalt an
Meeresbewohnern. Für uns Menschen spielen diese Gebiete als Fischereigründe eine extrem
wichtige Rolle. Dennoch ist vieles von dem, was in unseren Netzen endet noch nicht wissenschaftlich
beschrieben – selbst einige Arten, die seit langer Zeit auf unseren Tellern landen. Noch weniger
bekannt ist über die genetische Vielfalt dieser Arten. Informationen über die Genomik und die
Verteilung von verschiedenen Subpopulationen einer Art sind allerdings extrem wichtig, um
einschätzen zu können, wie gefährdet einzelne Arten gegenüber Umweltveränderungen und
Fischerei sind. Ricardo Pereira und sein Team nahmen für ihre Studie eine Oktopus-Art genauer unter
die Lupe, die schon seit Jahrhunderten befischt wird aber erst seit 2008 als eigene Art beschrieben
und anerkannt ist: Octopus insularis.
Der rot-braune, räuberische Oktopus lebt in tropischen Riffen an der amerikanischen Ostküste und
ist von Florida bis in den Süden Brasiliens, sowie rund um einige entlegene Inseln im Atlantik
verbreitet. Während die erwachsenen Oktopoden einen geruhsamen standorttreuen Lebensstil
führen und keine weiten Reisen unternehmen, sind die Larven so klein, dass sie als Plankton passiv
mit Meeresströmungen auch größere Distanzen zurücklegen. Durch die planktonischen Larven und
mit Hilfe von Meeresströmungen gelang es diesem Oktopus, auch entlegenere Inseln zu besiedeln
(dies brachte ihm auch seinen zweiten Namensteil ein: insularis)
Pereiras Team stellte fest, dass sich Octopus insularis in mindestens sechs verschiedene Populationen
aufteilt, die sich untereinander nur selten fortpflanzen. Für die großen Populationen entlang der
Festlandküste ist dies wenig problematisch. Die kleineren Inselpopulationen dagegen weisen eine
deutlich geringere genetische Diversität und eine signifikant höhere Inzucht-Rate auf. Eine
Population, in der sich alle Tiere genetisch sehr ähnlich sind, kann mit Veränderungen in der Umwelt
schlechter umgehen. Verringert sich so die Populationsgröße, fällt der Druck der Fischerei noch
stärker ins Gewicht und kann so das Überleben der Population gefährden.
Um die genetische Vielfalt und damit die Widerstandsfähigkeit der Inselpopulationen nicht weiter zu
verringern, plädieren Pereira und sein Team dafür, dass diese einen höheren Schutzstatus benötigen
und schlagen für einige Inselgruppen auch sogenannte No-take-Zonen vor, in denen Fischerei
komplett verboten ist. Nur so kann diese ökologisch und ökonomisch wichtige Oktopus-Art
nachhaltig bewirtschaftet und erhalten werden.