Seit ein paar Tagen befinden wir uns nach dem chinesischen Kalender im Jahr des Drachen. Passend dazu untersuchte ein internationales Forschungsteam, darunter Dr. Stephan Spiekman, Paläontologe am Naturkundemuseum Stuttgart, die fossilen Überreste eines wahrhaft bizarren Meeresreptils. Dinocephalosaurus orientalis, nun erstmals vollständig beschrieben, besitzt einen außerordentlich langen Hals und damit durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit den aus der Mythologie bekannten Riesenechsen.
Die ersten Fossilien von Dinocephalosaurus wurden bereits 2003 in der chinesischen Provinz Guizhou entdeckt und untersucht. Durch weitere Funde konnte sich die Wissenschaft ein immer besseres Bild dieses ungewöhnlichen, etwa 240 Millionen Jahre alten Reptils machen. Die aktuelle Studie fasst nun die Ergebnisse der letzten zehn Jahre Forschungsarbeit an bereits bekanntem und neu hinzugekommenem Fossilmaterial von Dinocephalosaurus zusammen und präsentiert eine detaillierte Beschreibung seiner einzigartigen Anatomie.
Eine Körperlänge von bis zu sechs Metern ist für Meeresreptilien aus der Triaszeit nichts Besonderes. Anders sieht es jedoch aus, wenn alleine der Hals fast die Hälfte davon ausmacht. Das ist sonst nur von Tanystropheus bekannt. Dieser lebte nur wenige Millionen Jahre später und ist unter anderem auch aus Deutschland bekannt. Auf den ersten Blick hätte man die beiden Tiere leicht miteinander verwechseln können. Im Detail zeigen sich aber deutliche Unterschiede: Während der Hals von Tanystropheus aus nur 13, dafür aber stark verlängerten Halswirbeln besteht, sind es bei Dinocephalosaurus 32! Zwar sind beide miteinander verwandt, haben aber offenbar ihren langen Hals unabhängig voneinander und auf unterschiedliche Weise entwickelt.
Dinocephalosaurus war sehr gut an ein Leben im offenen Meer angepasst. Seine Beine waren flossenartig und das Maul voller spitzer Zähne, mit denen er Fische erbeuten konnte. Mageninhalte belegen sein recht breites Beutespektrum. Seine Jungtiere brachte Dinocephalosaurus wahrscheinlich wie viele andere Meeresreptilien lebend zur Welt. Natürlich handelt es sich nicht um einen Drachen aus der chinesischen Mythologie. Dennoch könnten Fossilien wie diese die Fantasie der Menschen vor Tausenden von Jahren beflügelt haben.
Sowohl Dinocephalosaurus als auch seine nahen Verwandten starben bis zum Ende der Triaszeit vor 200 Millionen Jahren aus. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die Evolution dieser bizarren Tiergruppe besser zu verstehen, die neben den beiden langhalsigen Meeresreptilien auch eine Reihe an Land lebender und möglicherweise sogar in der Luft gleitender Arten hervorgebracht hat.