04.05.2023

Es ist nicht alles (Katzen-)Gold, was glänzt: Die Rolle sauerstofffreier Zonen in der Fossilerhaltung des Posidonienschiefers

Science News
Goldglänzender Ammonit in schwarzem Gestein

In der paläontologischen Forschung kommt Konservat-Lagerstätten eine besonders hohe Bedeutung zu – nicht wegen der Häufigkeit fossiler Funde, sondern deren außergewöhnlich guter Erhaltung. Vollständige, zusammenhängende Skelette, versteinerte Weichteile oder sogar fossil erhaltene Farbpigmente geben unschätzbare Einblicke in längst vergangene Erdzeitalter. Die Entstehung vieler dieser Lagerstätten wurde lange Zeit mit sauerstofffreien (anoxischen) Zonen am Meeresgrund erklärt, in denen herabsinkende Organismen aufgrund geringer Aktivität von Aasfressern und Mikroben vor ihrer Versteinerung nur wenig zersetzt wurden. In den letzten Jahren mehren sich jedoch die Hinweise, dass diese seit langem bestehende Hypothese nur die halbe Wahrheit darstellt.

Um der genauen Rolle anoxischer Zonen auf den (Meeres-)Grund zu gehen, haben Forschende der University of Texas at Austin zusammen mit internationalen Kolleg*innen die geomikrobiologischen Prozesse des südwestdeutschen Posidonienschiefers unter die Lupe genommen. Auch Dr. Erin Maxwell und Dr. Günter Schweigert aus dem Naturkundemuseum Stuttgart waren maßgeblich an der Studie über die weltbekannte Lagerstätte beteiligt, die im März 2023 in der Fachzeitschrift Earth-Science Reviews publiziert wurde.

Ein wichtiges Indiz für die Zustände am Boden des Jurameers vor 183 Millionen Jahren lieferte ein besonders hübsches Merkmal der untersuchten Fossilien – ihr goldener Glanz. Dieser wurde lange Katzengold (Pyrit) zugeschrieben, eine Eisen-Schwefel-Verbindung, die sich nur unter anoxischen Bedingungen bildet. Überraschenderweise entdeckte das Forschungsteam auf den Fossilien nur wenig Pyrit. Die charakteristische Farbe ist stattdessen auf phosphatische Verbindungen zurückzuführen, die nur in Anwesenheit von Sauerstoff entstehen.

Bedeutet dies das Ende der traditionsreichen Hypothese eines direkten Zusammenhangs zwischen anoxischen Verhältnissen und der bemerkenswerten Fossilerhaltung in Konservat-Lagerstätten? Nicht ganz. Das Forschungsteam argumentiert stattdessen, dass sauerstofffreie Zonen die Freisetzung von Phosphor aus dem Sediment des Meeresgrundes fördern – eine essentielle Voraussetzung für die spätere Phosphatisierung der Fossilien, die tatsächlich den entscheidenden Prozess für die besondere Erhaltung darstellt. Der Anoxie fällt damit zwar eine wichtige, aber überraschend indirekte Rolle zu.

Die Fossilisation fand genau an einer steilen Grenze zwischen dem vermutlich sauerstoffhaltigen Wasser am Meeresgrund und den anoxischen Bedingungen des Sediments statt. Auch kurzzeitige Pulse sauerstoffreicheren Wassers könnten die fortschreitende Bildung phosphatischer Minerale gefördert haben. Trotz der langen Forschungsgeschichte des weltbekannten Posidonienschiefers liefern aktuelle Arbeiten spannende neue Erkenntnisse, die auch althergebrachte Annahmen auf den Kopf stellen.

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