19.10.2023 | Science News

Forschung mit Biss – Neue Erkenntnisse zum Fressverhalten von frühen Landwirbeltieren

Science News
Fossil von Sclerocephalus haeuseri; Copyright: R. Baumann, SMNS
Fossil von Sclerocephalus haeuseri; Copyright: R. Baumann, SMNS

Andere Lebensräume, andere Sitten: Wie Tiere Nahrung aufnehmen unterscheidet sich nicht nur in der Art der Nahrung, sondern hängt auch hochgradig von der Umgebung ab. Während es für viele Wirbeltiere im Wasser oft reicht das Maul zu öffnen, um Nahrung aufzunehmen, erfordert das Fressen an Land meist etwas komplexere Bewegungen und ausgeklügeltere „Fresstechniken“. Da die Frage nach der Ernährungsweise lebensnotwendig für alle Lebewesen ist, war die Anpassung des Fressverhaltens für den Landgang der Wirbeltiere also absolut unumgänglich. Wie diese Anpassung im Detail verlaufen ist, war bisher jedoch noch nicht genau erforscht. Ein internationales Team um Dr. Daniel Schwarz und Prof. Dr. Rainer Schoch vom Naturkundemuseum Stuttgart hat nun heute lebende Salamander untersucht und die Ergebnisse genutzt, um Rückschlüsse auf das Fressverhalten früher Landwirbeltiere (Tetrapoden) zu ziehen.

Salamander eignen sich dabei hervorragend als Modellorganismen, da sie im Laufe ihres Wachstums von einer Lebensweise im Wasser zu einem Leben an Land wechseln und im Larvenstadium erstaunliche anatomische Ähnlichkeiten mit frühen Tetrapoden aufweisen. Für die Studie wurden vierzig Arten aus neun der zehn Salamander-Familien untersucht. Das Fressverhalten der Amphibien wurde während drei Entwicklungsstadien (Larve, Jungtiere vor der Metamorphose und erwachsenes Tier nach der Metamorphose) beobachtet. Hochgeschwindigkeitsröntgenaufnahmen wurden dabei genutzt, um den Tieren sprichwörtlich beim Fressen ins Maul zu schauen und dabei die Bewegungen der beteiligten Knochenstrukturen zu erfassen.

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit deuten darauf hin, dass frühe Landwirbeltiere trotz fehlender beweglicher Zungen, schon während ihrer ersten Versuche das Land zu erobern an Land gefressen haben könnten. Frühe Entwicklungsstufen, die noch vollständig im Wasser lebten, könnten bereits komplexes Kauverhalten an den Tag gelegt haben. Die Beute wurde vermutlich entweder mit dem Kiefer gegriffen und ins Wasser zurückgeschleppt, wo sie mit Kaubissen verarbeitet wurde – oder die Beute wurde noch an Land durch eine Kombination aus Schütteln und Beißen verarbeitet und schließlich durch schnelle Vorwärtsbewegungen oder Kopfdrehungen bei gleichzeitigem vorübergehenden Loslassen der Beute geschluckt. Daher war eine Ernährung an Land wahrscheinlich bereits vor dem eigentlichen Landgang der Wirbeltiere und bevor sich flexible Zungen entwickelten, möglich.

Zur Pressemitteilung

Zur Originalpublikation