Moose – die unterschätzten Klimaanzeiger? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein internationales Team von Forschenden um den Botaniker Dr. Thomas Kiebacher vom Naturkundemuseum Stuttgart. Über einen Zeitraum von 20 Jahren untersuchten sie, ob Moose anders auf die Klimakrise reagieren, als die komplexer gebauten Farn- und Blütenpflanzen. Hierfür analysierten sie die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaften auf über 1000 Untersuchungsflächen in der gesamten Schweiz zwischen 2001 und 2021.
Allgemein gilt: Wird es Pflanzen in ihrem Lebensraum zu warm, weichen sie in kühlere und höhergelegene Regionen aus – natürlich nicht die Individuen selbst, sondern ihre Nachkommen. In Gebirgen kann dies allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt funktionieren: bis zum Gipfel. Danach gibt es keine Ausweichmöglichkeiten mehr, die Pflanzen stecken in der so genannten „Gipfelfalle“ und drohen an dieser Stelle auszusterben.
Die Erkenntnis der Langzeitstudie: Moose sind wahre Sensibelchen! Angetrieben von steigenden Temperaturen „wandern“ sie etwa doppelt so schnell bergauf wie Farne und Blütenpflanzen. Moose reagieren demnach viel empfindlicher auf Klimaveränderungen. Kurzfristig verschafft ihnen dies zwar einen Vorteil, jedoch sind Moose in extremen Höhenlagen schon heute akut vom Aussterben bedroht, da ihnen die Möglichkeit zum weiteren Ausweichen fehlt – eine Lage, in die ihnen mittelfristig noch viele Arten folgen werden.
Zusätzlich demonstriert die Arbeit des Teams, dass wir den unscheinbaren, leicht zu übersehenden Moosen wohl noch einiges an (Forschungs-) Aufmerksamkeit schuldig sind, wenn wir weitere Auswirkungen der Klimakrise verstehen und untersuchen möchten.