Gleiche Art, gleicher Schutz? Flache Meerebereiche zeichnen sich vor Allem in den Tropen durch ihre besonders hohe biologische Vielfalt aus. Der Schutz dieser Vielfalt stellt jedoch eine Herausforderung dar, da viele Arten intensiv kommerziell genutzt werden, jedoch oft weder wissenschaftlich beschrieben, noch untersucht sind. Das gilt selbst für Speisefische, die Fischern und Verbrauchern weltweit bekannt sind. Ohne eine offizielle Beschreibung, können solche Fische jedoch nicht geschützt werden. Ein internationales Team um Dr. Ricardo Pereira hat nun bei einer noch unbeschriebenen Sardinen-Art herausgefunden, dass diese sich in mehrere Bestände teilt und hat erforscht, wie sich Umwelt- und Klimaveränderungen auf die genetische Vielfalt dieser zwei getrennten Populationen auswirken und warum man sie unterschiedlich schützen muss.
Vor wenigen Jahren zeigten genetische Untersuchungen, dass die Sardinen der Gattung Harengula, die im Südwestatlantik vor der Küste Brasiliens gefunden werden können, einer eigenständigen, bislang noch unbeschriebenen Art angehören. In der aktuellen Studie wurden nun zwei Populationen dieser Art untersucht, die geographisch voneinander getrennt sind: eine davon lebt in den Küstengewässern vor Brasilien, die andere am Fernando de Noronha Archipel über 300 Kilometer vom Festland entfernt.
Mit Hilfe von Genomanalysen und computergestützter Modellierung zeigt Pereiras Team, dass es zwei Populationen dieser Art gibt, die geografisch voneinander getrennt sind und als eigenständige Fischbestände anerkannt werden sollten: die eine lebt entlang der 6000 km langen brasilianischen Küste, die andere im Fernando de Noronha-Archipel über 300 Kilometer vom Festland entfernt. Trotz dieser für eine Sardine relativ kurzen Entfernung verhindern tiefe Unterwassertäler, dass sich diese beiden Populationen miteinander verbinden, und führen zu unterschiedlichen Entwicklungsgeschichten. Während der Fischbestand an der Küste deutlich zugenommen hat, ist der Bestand rund um die Inseln zurückgegangen. Diese Beobachtungen widersprechen der gängigen Annahme, dass sich mobile Meeresbewohner wie Fische immer frei bewegen und vermischen können. Für Flachwasserarten wie die untersuchte Sardine könnten Strömungen und klimabedingte Schwankungen des Meeresspiegels Barrieren darstellen, die die Entwicklung von Populationen stark beeinflussen. Daher müssen solche Unterschiede zwischen den Beständen bei Erhaltungsmaßnahmen berücksichtigt werden.
Für den Fischfang der Region spielen Sardinen der Gattung Harengula eine große Rolle. Besonders vor den Inseln des Archipels, wo außer ihnen keine anderen Sardinen oder Heringe vorkommen. In seiner Studie spricht sich Pereiras Team dafür aus, Schutzmaßnahmen auf die separaten, sich in Lebensraum und Genetik unterscheidenden Populationen individuell anzupassen, um die genetische Vielfalt innerhalb dieser Art dauerhaft zu erhalten. Denn nur wenn die genetische Vielfalt innerhalb einer Art groß genug ist, kann sie langfristig gut mit unterschiedlichen Lebensräumen und sich verändernden Umweltbedingungen zurechtkommen.