11.07.2022 - 16.07.2022

Grabung in der Jahrhundertfundstelle Trossingen

Forschungsmuseum

Fossilien zu finden kann reine Glückssache sein. So war es auch bei der berühmten Saurierfundstelle in Trossingen. Ein aus dem Boden ragender fossiler Knochen war 1909 für das Malheur eines aufgerissenen Hosenboden verantwortlich, das einem auf einer natürlichen Rutschbahn auf dem glitschigen Knollenmergel zu Tal sausenden Buben zustieß. Zwei Jahre später organisierte Eberhard Fraas, Paläontologe am Stuttgarter Naturkundemuseum, die erste Grabung und stieß auf Dinosaurier der Gattung Plateosaurus. Unter anderem barg er das bis heute weltweit vollständigste und besterhaltene Dinosaurierskelett aus der Triaszeit. In den 1920er-Jahren gab es groß angelegte Grabungen von Paläontologen der Universität Tübingen, in den 1930er-Jahren wieder vom Naturkundemuseum Stuttgart durch Reinhold Seemann. In einem halben Jahr wurden Überreste von über 50 Plateosauriern geborgen – und drei Schildkröten.

Rainer Schoch, Leiter der Abteilung Paläontologie am Stuttgarter Naturkundemuseum, steht also in einer großen Tradition. Ziel der vierten Grabung 2007 war weniger, viele neue Fossilien zu bergen als weitergehende Frage anzugehen: Wie kam es zu diesem „Massengrab“ von Plateosauriern? Wieso findet man außer Plateosauriern (und einigen Schildkröten) kaum andere Fossilien? Ein wichtiges Ergebnis war, dass die Skelette nicht aus einer einzigen Katastrophe stammen, sondern, wie Schoch sagt: „Viel wahrscheinlicher ist der individuelle, einsame Tod von vielleicht einem Tier alle paar hundert Jahre.“

In der fünften Grabungskampagne im Juli 2022 wurde das internationale Grabungsteam unter Leitung von Rainer Schoch von einem Bagger unterstützt, mit dessen Hilfe man schnell zu einer Schicht vordrang, die sich bereits 1932 als besonders fossilreich erwiesen hatte. Mit neuen (Be)Funden, sorgfältigen Analysen der Sedimente und modernen geochemischen Methoden hofft man nun, das alte Rätsel zu lösen, wie der Lebensraum damals konkret ausgesehen hat, ob er tatsächlich so artenarm war und wie genau Trossingen zur Jahrhundertfundstelle wurde.

Bilder: S.Scheld, T. Wilhelm