Alle Koboldmakis sind klein, aber Tarsius pumilus ist noch kleiner - dieser Mini-Primat passt leicht in die Handfläche eines Menschen. Die Art lebt nur in den Bergwäldern von Sulawesi, Indonesien, in Höhen über 1800 m über dem Meeresspiegel und unterscheidet sich schon dadurch grundlegend von allen anderen bekannten Koboldmakis (auch Tarsier genannt).
Von dem erstmals 1917 entdeckten Berg- (oder Zwerg-) Koboldmaki waren nur drei Exemplare bekannt, bis ein Forscherteam 2008 mehrere lebende Tiere ausfindig machen konnte. Seine geringe Körpergröße und sein geheimes Leben in den Bergen Sulawesis, bisher weitestgehend verborgen vor den Augen von Wissenschaft und Öffentlichkeit, machen den Zwergkoboldmaki nicht nur zu einem der mysteriösesten Primaten der Erde. Auch zu seiner Evolutionsgeschichte gab es bisher mehr Spekulation als Wissen.
Ein internationales Team von Forschenden um den Tarsierexperten Dr. Stefan Merker und die Genetikerin Dr. Laura Hagemann des Naturkundemuseums Stuttgart präsentiert die ersten genetischen Daten zu T. pumilus.
DOI: https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsbl.2021.0642
Foto: Nanda Grow
Diese zeigen, dass es sich tatsächlich um den basalsten aller Sulawesi-Koboldmakis handelt, d.h. er bildet die Schwestergruppe zu allen anderen Koboldmakiarten der Insel. Ihre Daten legen nahe, dass sich die T. pumilus-Stammlinie vor etwa 10 Millionen Jahren vom Vorgänger der übrigen Arten abgespalten hat - also mehrere Millionen Jahre vor der weiteren Aufspaltung der Gattung in die heute lebenden Koboldmakiarten des sulawesischen Tieflandregenwalds. Die spektakuläre Biogeographie des Malaiischen Archipels ist somit um ein weiteres, wichtiges Puzzlestück reicher.