23.07.2025

Die Wunderechse – Neuer Saurier mit Federalternative entdeckt!

Science News

Körperbedeckungen wie Haare und Federn spielen in der Evolution eine zentrale Rolle. Als komplexe Hautauswüchse, die eine isolierende Schicht um den Körper bilden, ermöglichen sie nicht nur Warmblütigkeit, sondern erfüllen oft eine ganze Reihe weiterer Funktionen wie Wahrnehmung, Tarnung, Abschreckung, Balz oder wie bei Vögeln den Flug. Entwickelt aus den eher einfach gebauten Schuppen ihrer reptilienartigen Vorfahren, waren solche komplexen Hautstrukturen bisher nur bei Säugetieren, Vögeln und ihren nächsten fossilen Verwandten – Dinosauriern und Flugsauriern – bekannt.

Ein internationales Team unter der Leitung der Paläontologen Dr. Stephan Spiekman und Prof. Dr. Rainer Schoch vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart hat nun ein frühes Reptil aus der Triaszeit vor etwa 247 Millionen Jahren beschrieben, das wohl eine noch völlig unbekannte Alternative zu Federn und Haaren entwickelt hat. Der kleine Saurier hatte einen Fächer aus dicht überlappenden Hautauswüchsen, die eine federartige Kontur mit einem schmalen Mittelgrat aufweisen. Doch während „moderne“ Federn aus vielen filigranen, verzweigten Strukturen, den sogenannten Federästen, bestehen, finden sich bei der neu beschriebenen Echse keine Hinweise auf Verzweigungen. Daraus folgert das Forschungsteam, dass sich die Struktur der neuartigen Hautauswüchse weitgehend unabhängig von den Federn der Dinosaurier und Vögel entwickelt hat.

Das wundersame Reptil nannten die Forschenden Mirasaura grauvogeli, was so viel bedeutet wie „Grauvogels Wunderechse“ und ehrten damit Louis Grauvogel, einen französischen Fossiliensammler und Finder des Fossils.

Die Untersuchungen zeigen, dass Mirasaura zu den Drepanosauriern gehört, einer eher skurrilen Gruppe früher Reptilien, die es lediglich in der Triaszeit gab. Wie auch einige andere Drepanosaurier war Mirasaura ein Baumbewohner und lebte in den ersten Wäldern nach dem größten Massensterben in der Geschichte der Erde am Ende des Perm vor etwa 252 Millionen Jahren. Der Schädel der „Wunderechse“ war vogelähnlich mit einem gewölbten Schädeldach, nach vorne gerichteten Augen und einer schmalen, fast zahnlosen Schnauze. Vermutlich jagte der kleine Saurier im Geäst von Pflanzen nach Insekten.

Der Fächer auf dem Rücken von Mirasaura ist lang, relativ schmal und diente vermutlich entweder dem Imponieren von Artgenossen oder dem Abschrecken von Feinden. Eine genauere Untersuchung der Hautauswüchse ergab, dass sie Melanosomen enthalten. Melanosomen sind Zellbestandteile, die Pigmente bilden. Daher kann man davon ausgehen, dass der Fächer eventuell bunt gefärbt – oder zumindest gemustert – war. Interessanterweise konnte Mirasaura seinen Rückenfächer vermutlich nicht „einklappen“, sodass dieser ständig nach oben zeigte.

Die Entdeckung der 247 Millionen Jahre alten „Federalternative“ von Mirasaura erweitert das Verständnis der Entwicklung der Reptilien grundlegend und zeigt erneut, wie flexibel und auch immer wieder überraschend die Evolution ist.

Veröffentlicht wurde der wissenschaftliche Artikel in der Fachzeitschrift „Nature“.

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