Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) stammt ursprünglich aus Südosteuropa und Vorderasien und ist in Deutschland als Heckenpflanze beliebt und in vielen Gärten gepflanzt. Doch seit einigen Jahren ist Kirschlorbeer auch in deutschen Wäldern zu finden und könnte möglicherweise zum Problem werden. Auf den ersten Blick mag eine neue Pflanze im Wald nicht allzu dramatisch erscheinen. Aber die Auswirkungen von gebietsfremden Arten auf die lokale Biodiversität können vielfältig sein. So besteht eine Konkurrenz der eingeschleppten Arten zu den heimischen Pflanzen, zum Beispiel im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Sonnenlicht und Bodennährstoffe. Um den Einfluss von Kirschlorbeer in deutschen Wäldern zu untersuchen, hat PD Dr. Stefan Abrahamczyk, Botaniker am Naturkundemuseum Stuttgart, gemeinsam mit Wissenschaftler*innen der Universität Bonn eine repräsentative Studie im Kottenforst nahe Bonn durchgeführt. Hierbei wurde untersucht, wie viele Kirschlorbeer-Pflanzen in bestimmten Waldarealen vorkommen, welche Größe und welches Alter die Pflanzen haben und ob die Pflanzen bereits Blüten oder Früchte tragen.
Tatsächlich haben die Forscher*innen viele Kirschlorbeer-Pflanzen im Kottenforst finden können, das größte bedeckte Gebiet nahm hierbei eine Fläche von knapp 50 m2 ein. Die älteste Pflanze war bereits 30 Jahre alt, viele der anderen gefundenen Pflanzen waren deutlich jünger. Einige Pflanzen wiesen bereits Blüte- und Fruchtstände auf, was einen Hinweis darauf liefert, dass vermutlich bereits eine eigenständige Ausbreitung des Kirschlorbeers im Wald stattfindet. Die Studienergebnisse zeigen also, dass der Kirschlorbeer in Deutschland als sogenannter Neophyt klassifiziert werden kann. Als Neophyt werden durch menschlichen Einfluss eingeschleppte Pflanzen bezeichnet, die sich in einem neuen Lebensraum ausbreiten. Sobald die eingeschleppten Arten eine schädigende Wirkung auf das für sie neue Ökosystem haben, spricht man von einer invasiven Art. Der Kirschlorbeer hat ein sehr dichtes Laub, wodurch kaum Licht für krautige Pflanze am Waldboden durchdringen kann. Zudem wurde gezeigt, dass der Kirschlorbeer eine Auswirkung auf die Beschaffenheit des Bodens haben kann: Der Boden wird trockener, der pH Wert wird saurer, und die Verfügbarkeit wichtiger pflanzlicher Nährstoffe wie Phosphor wird reduziert. Und Kirschlorbeer hat einen weiteren Konkurrenzvorteil: Aufgrund von toxischer Blattstoffen sind sie für Pflanzenfresser weniger attraktiv. Diese wenden sich dann womöglich lieber an heimische Arten.
In der Schweiz wurde Kirschlorbeer bereits als invasive Art eingestuft und darf ab September 2024 nicht mehr für den Anbau im Garten gehandelt werden. Ob Kirschlorbeer in Deutschland bereits heimische Arten verdrängt und somit auch hier als invasiv eingestuft werden kann, ist noch unklar. Um das herauszufinden, sind bereits Folgestudien von Dr. Abrahamczyk und seinen Kolleg*innen in Planung.
Veröffentlich wurde der Artikel in der Fachzeitschrift„Biological Invasions“.