Auf der Suche nach den „Small Five“

23.01.2015 | Dr. Arnold Staniczek

Auf der Suche nach Wasserinsekten durchlebte ich während einer vierwöchigen Exkursion im November und Dezember 2014 in Südafrika alle Höhen und Tiefen, die mein Beruf im Freiland mit sich bringt.

Aprionyx sp. (Ephemeroptera: Leptophlebiidae), eine südafrikanische Eintagsfliege (Bild: A. Staniczek / SMNS).

Eine entomologische Exkursion nach Südafrika

Die Logistik für solch ein Unterfangen ist kompliziert und nicht im Alleingang zu schaffen: Ausrüstung, Exkursionsfahrzeuge, Sammelgenehmigungen, Unterkünfte in den Nationalparks, begleitende „Game Guards“ – all dies musste im Vorfeld mit viel bürokratischem Aufwand abgeklärt und organisiert werden. Nur zusammen mit Kollegen des Albany Museums in Grahamstown sowie mit der Unterstützung der South African Environmental Observation Organisation (SAEON) war es  möglich, alle erforderlichen Genehmigungen zu bekommen. Ziel der gemeinsamen Exkursion mit meinen südafrikanischen Kollegen war es zum einen, die Kenntnis der dortigen Eintagsfliegen-Fauna zu erweitern und neue Arten zu entdecken, zum anderen wollten wir Vertreter seltener subtropischer Familien sammeln, um deren verwandtschaftliche Verhältnisse aufzuklären.

Der erste Teil meiner Reise führte mich zunächst in die Provinz Western Cape, wo ich in der Umgebung von Stellenbosch in verschiedenen Naturreservaten Eintagsfliegen der Gattung Aprionyx nachspürte. Die Gewässer, welche dort die Tafelbergsandsteine durchschneiden, sind mit pH-Werten fast bis zu pH4 natürlicherweise sehr sauer – extreme Biotope auch für Eintagsfliegen! Ich konnte dort die Larven mehrerer spezialisierter Aprionyx-Arten sammeln und bis zum Schlupf der Imago hältern, so dass sie nun taxonomisch bearbeitet werden können.

Meine persönlichen "Small five"

Fast jeder Tourist, der Südafrika bereist, bucht zumindest einen Abstecher in den Krüger-Nationalpark, um bei einer Safari den „Big Five“ zu begegnen: Büffel, Elefant, Nashorn, Löwe und Leopard. Auch mich führte der zweite Teil meiner Reise zum größten Reservat Südafrikas in der nordöstlichen Provinz Limpopo. Ich war dort jedoch auf der Suche nach meinen persönlichen „Small Five“, nach Vertretern von 5 Eintagsfliegen-Familien, die nur im subtropischen Afrika zu finden sind.

Sammeln dieser seltenen Familien war essentiell für ein zweites Projekt, bei dem ein Vergleich der gesamten genetischen Information zwischen verschiedenen Arten Aufschluss zur Großgruppen-Verwandtschaft dieser Familien geben soll. Die wenigen Exemplare, die bisher weltweit in Museumssammlungen lagern, sind für das so genannte „next generation sequencing“ nicht geeignet, da hierfür die RNA frisch gesammelter und in spezieller Pufferlösung fixierter Tiere gewonnen werden muss.

Freilandarbeit mit Unannehmlichkeiten

Bei der Freilandarbeit selbst mussten mehrere Dinge beachtet werden: Abgesehen von der üblichen Einnahme von Tabletten zur Malariaprophylaxe waren auch hüfthohe Watstiefel und ärmellange Gummihandschuhe zum Schutz vor einer Bilharziose-Infektion unabdingbar, selbst bei schweiß-treibenden Wassertemperaturen von über 30°C. Zudem sicherte uns im Wasser immer ein bewaffneter Ranger vor angriffslustigen Krokodilen, Flusspferden oder Raubkatzen ab. Aber all diese Unannehmlichkeiten nahmen wir in Kauf, da die gesuchten Arten zumeist nur von früheren Funden aus dem Krügerpark bekannt waren. Trotz aller Mühen war es jedoch ungewiss, ob wir die gesuchten Arten tatsächlich finden würden, zumal die wenigen Nachweise schon mehrere Jahrzehnte zurücklagen.

Unsere Befürchtungen sollten sich zum Teil bewahrheiten: Die großen Fluss-Systeme des Olifants, Letaba und Levuvhu, die von Westen her den Krüger-Nationalpark bewässern, sind leider durch Bergbau, Landwirtschaft und mangelnde Klärung von Abwässern derart massiv belastet, dass sich dies auch negativ auf die Wasserinsektenfauna auswirkt. Dennoch konnten wir dort bisher unbekannte Arten finden, was aber in erster Linie an der mangelnden Erforschung der Fauna und nicht etwa an einer unberührten Natur liegt.

Die Biodiversität in den großen Flüssen Limpopos wie hier im Luvuvhu River ist durch Landwirtschaft, Bergbau und ungklärte Abwässer bedroht (Bild: A. Staniczek / SMNS).

Dann doch noch erfolgreich

Mit unseren „Small Five“ waren wir aber erst dann erfolgreich, als wir auf kleinere unbelastete Gewässer nordwestlich des Nationalparks auswichen. Die mitgebrachten genetischen Proben der dort gefundenen Arten können nun im Molekularlabor sequenziert und anschließend analysiert werden.

Trotz der eingeschränkten Biodiversität in den großen Fluss-Systemen war es insgesamt eine beeindruckende Erfahrung, im Krüger-Nationalpark unterwegs gewesen zu sein – denn wer hat sonst schon die Gelegenheit, auf dem Weg zur Arbeit Elefanten, Löwen und Geparden am Straßenrand zu begegnen.

Einen kleinen Einblick in die afrikanische Artenvielfalt gibt die unten stehenden Galerie – die meisten der Bilder entstanden en passant auf dem Weg zwischen den einzelnen Sammelpunkten im Krüger-Nationalpark.

Kommentare (0)

Keine Kommentare

Kommentar schreiben