Bee-odiversität – man lernt nie aus!

10.03.2025 | Dr. Michael C. Orr

Obwohl Bienen weltweit zu den wichtigsten Bestäubern gehören, wissen wir erstaunlich wenig über die meisten der mehr als 20.000 Arten. In meiner Forschung versuche ich, unser Wissen über die Verbreitung von Bienen zu verbessern.

"Jeder dritte Bissen entsteht durch Insektenbestäubung – warum Bienen so wichtig sind"

Dass wir uns inmitten einer Biodiversitätskrise befinden und dabei nicht nur bekannte, sondern auch bis jetzt unentdeckte Arten verlieren, ist nichts Neues. Glücklicherweise steigt das öffentliche Bewusstsein für die Wichtigkeit unserer Mitlebewesen. Dies gilt insbesondere für Insekten, die – einst gehasst – heute weitläufig als wichtige aber gefährdete Ökosystemdienstleister anerkannt werden. Zahlreiche Untersuchungen dokumentieren den Rückgang von Insektenarten, inklusive der Bienen. Die Wahrheit ist jedoch, dass wir das genaue Ausmaß der Gefährdung und den Erhaltungsstatus für die allermeisten Arten gar nicht genau einschätzen können.

Innerhalb der Insekten sind Bienen besonders wichtig, da sie einen Großteil der Bestäubungsleistung erbringen. Entsprechend sind uns allen im Alltag bestimmt schon mal Werbung, Kampagnen oder Petitionen für den Schutz von (Wild-)Bienen begegnet. Dafür gibt es auch gute Gründe! Eine Faustregel besagt: Etwa jeder dritte Bissen unseres Essens entsteht durch Insektenbestäubung! Dies bezieht sich sowohl direkt auf viele unserer pflanzlichen Lebensmittel als auch indirekt auf die Produkte von Tieren, die mit Pflanzen gefüttert werden müssen.

Bee-odiversität: Unerwartet in jeder Hinsicht

Bisher dachte man beim Wort “Biene” meist an Bienenstöcke mit Tausenden von Honigbienen, aber dank zahlreicher Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit kennen und wertschätzen immer mehr Menschen auch die “anderen” Bienen. Tatsächlich gibt es nämlich ungefähr 20.000 weitere Bienenarten, die – mit Ausnahme der Antarktis – über den gesamten Globus verteilt vorkommen. Die große Mehrheit davon, etwa 85 %, führt ein eher einzelgängerisches Leben, bei dem die Bienenmütter ihren Nachwuchs eine Zeit lang mit Pollen und Nektar versorgen und ihn anschließend sich selbst überlassen.

Bienen gibt es in allen Formen, Farben und Größen (Abbildung 1, asiatische Bienen), von 1 mm kleinen Winzlingen bis zur größten Biene der Welt mit einer Flügelspannweite von über 6 cm (Megachile pluto, Abbildung 1K). Unter diesen vielfältigen Formen gibt es sogar parasitische Arten, wie die farbenprächtige Nomada (Abbildung 1H), die sich in die Nester anderer Bienen einschleicht, um diese zu übernehmen. Dieses breite Spektrum an Lebensweisen macht Bienen für die Wissenschaft äußerst interessant – auch weit über ihren Wert als Bestäuber hinaus! Genau diese große Vielfalt macht es aber auch so schwer, ihre Verbreitungsmuster zu verstehen. Da sie zum Teil völlig verschiedene Lebensweisen haben, können ihre Anforderungen an den Lebensraum entsprechend sehr unterschiedlich sein.

Raster aus 5x3 Fotos. Auf den Fotos sind unterschiedliche asiatische Bienenarten zu sehen.Raster aus 5x3 Fotos. Auf den Fotos sind unterschiedliche asiatische Bienenarten zu sehen.
Abbildung 1: Übernommen aus Warrit et al. (2023). Asiatische Bienenvielfalt: Apidae: A. Xylocopa insularis, B. Xylocopa myops, C. Ceratina collusor, D. Ctenoplectra chalybea, E. Apis dorsata, F. Geniotrigona thoracica, G. Bombus supremus, H. Nomada adusta, I. Amegilla andrewsi. Colletidae: J. Hylaeus penangensis. Megachilidae: K. Megachile pluto, L. Megachile atrata, M. Euaspis polynesia. Halictidae: N. Nomia iridescens, O. Lasioglossum adonidiae. Hinweis: Alle hier dargestellten Arten haben Gattungs-Verwandte, die in Deutschland vorkommen, außer D, F und M.

Der Stand der (Bienen-)Dinge

Im Jahr 2021 haben wir die erste weltweite Verbreitungskarte der Bienenarten (Abbildung 2) erstellt: Anders als bei den meisten Tiergruppen, die ihre größte Artenvielfalt in den üppig bewachsenen, tropischen Regionen um den Äquator verzeichnen, konnten wir zeigen, dass die meisten Bienenarten eher in Wüsten vorkommen. Es war ein gigantisches Unterfangen, alle möglichen Daten aus verschiedensten öffentlich zugänglichen Quellen zu sammeln. Der vielleicht schwierigste Teil dieses Projekts bestand jedoch darin, herauszufinden, wie man reale globale Muster rekonstruieren kann, wenn man Daten hat, die größtenteils in der Nähe von Straßen und Siedlungen erhoben wurden. Insgesamt konnten wir zeigen, dass die meisten Daten zur Verbreitung verschiedener Bienenarten aus Nordamerika und Europa stammen und relativ wenig aus Asien und dem Rest der Welt kommen. Wir hatten zwar mit gewissen Unterschieden in den Datenmengen gerechnet, waren dann aber dennoch sehr überrascht, wie wenig Daten für einen Großteil der Welt existieren. Doch gerade diese Herausforderung motiviert mich als Wissenschaftler in meiner Arbeit sehr! So habe ich dieses Jahr (2025) Fördermittel zur Ausweitung der Artbestimmungen und Datensammlung in vier afrikanischen Ländern (DR Kongo, Kenia, Madagaskar und Tansania) beantragt. Wenn dieses Projekt finanziert wird, könnte es wesentliche, notwendige Ressourcen für die zukünftige Forschung in der Region bereitstellen.

Verlässliche Daten zur Verbreitung von Bienen zu bekommen, kann äußerst schwierig sein. Es gibt zwar reichlich gesammelte Exemplare für Untersuchungen, aber diese werden meist in Museen einkommensstarker Länder aufbewahrt, sodass es für die lokale Bevölkerung in großen Teilen der Welt oft schwierig ist, die Arten zu bestimmen. Darüber hinaus gibt es oft nicht genug Unterstützung, um die notwendigen Daten aus Sammlungen zu „befreien“, da die Digitalisierung solcher Informationen zeitaufwendig ist und man Expertise für die korrekte Bestimmung der Sammlungsexemplare benötigt. Dennoch sind die Museen und die Sammlungen, die sie beherbergen absolut essentiell, denn ohne sie wäre unsere Arbeit nicht möglich gewesen! Um die Daten zur Bienenverteilung einfacher nutzbar zu machen, haben wir vor kurzem einen Workflow zur Datenbereinigung entwickelt, der frei verfügbar ist und überall verwendet werden kann.

Globale Karte der BienenvielfaltGlobale Karte der Bienenvielfalt
Abbildung 2: Übernommen aus Orr et al. (2021). Globale Bienenvielfalt. Rötliche Flächen weisen auf eine höhere erwartete Anzahl von Bienenarten hin. Es wird der relative Artenreichtum und nicht die genaue Anzahl der Arten angegeben, da nicht genügend Daten vorliegen, um mehr als allgemeine Muster über die ganze Welt zu erkennen.

Wie geht es weiter? Zukünftige Forschungsfelder zur Bienen-Verbreitung

Im Jahr 2024 sind wir noch einen Schritt weiter gegangen, um die Verbreitung von Bienen besser abschätzen zu können, indem wir ihr Verhalten mit einbezogen haben. Eine unserer neuesten Arbeiten beschäftigt sich mit Bienen, die summen, um an Pollen zu kommen. Dabei klammern sie sich an Pflanzen und summen, um durch die Vibrationen Pollen aus schwer zugänglichen Bereichen der Blüten herauszurütteln. Überraschenderweise findet sich dieses Verhalten weltweit bei sehr unterschiedlichen Bienenarten. Dies macht es schwierig zu wissen, wo und wie sich diese Eigenschaft entwickelt hat. Dennoch konnten wir einige globale Muster dieses Verhaltens herausarbeiten und zeigen, dass die Anzahl der “summenden Arten” mit der Anzahl der Pflanzenarten, die am häufigsten „besummt“ werden, zusammenhängt.

Zurzeit arbeiten wir an einem Datensatz zu den sozialen Verhaltensweisen von Bienen und führen Analysen durch, um unser Verständnis dafür zu vertiefen, warum Bienen dort leben, wo sie leben. Letztlich ist auch der Naturschutz ein wichtiges Ziel! Denn nur wenn wir wissen, wo welche Arten leben, können wir gezielte Schutzmaßnahmen entwerfen. Bewertungen des Schutzstatus von Arten durch die Weltnaturschutzunion (IUCN) werden derzeit zwar für die Mehrheit der europäischen Arten erstellt, jedoch nicht für weite Teile der restlichen Welt. Sogar für Nordamerika existieren solche Bewertungen kaum. Dies wäre jedoch ein wichtiger nächster Schritt, um die globale Bienenfauna effektiv zu verstehen und zu schützen - und steht deshalb ganz oben auf unserer To-Do-Liste.

Literatur

Aktuelle Informationen über die Verteilung von Bienen finden Sie auf der DiscoverLife-Plattform:

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