Schaben zu Hause: The good, the bad and the ugly!

10.09.2014 | Dr. Arnold Staniczek

Neben dem Aufbau einer wissenschaftlichen Sammlung und deren systematischer Erforschung gehört auch dies zu meiner alltäglichen Arbeit als Kurator im Naturkundemuseum: Regelmäßig landen tote oder lebendige Tiere – in meinem Falle Insekten – auf dem Schreibtisch mit der Bitte, diese zu bestimmen.

Das ganze Tier ist hellbraun gefärbt, auch das Halsschild der Bernsteinschabe ist einfarbig hellbraun! (Bild: wikimedia commons).

Artbestimmung – Alltag im Arbeitsleben eines Kurators

Dies können vom Zoll beschlagnahmte tierische Reisemitbringsel sein. Hier muss ich klären, ob es sich um geschützte Arten handelt, deren Einfuhr verboten ist. Meistens möchten Menschen aber auch nur einfach wissen, welches auffällige Insekt ihnen da über den Weg gelaufen ist. Oft schwingt auch die Sorge mit, dass sich ein Schädling oder Krankheitsüberträger im eigenen Heim eingenistet hat.

Besonders zum ausgehenden Sommer hin häufen sich wieder die Anfragen, bei denen besorgte Bürger bei uns vorbeikommen und verdächtige Insekten mitbringen, die sie in Ihrer Wohnung gefunden haben – die bange Frage lautet stets: Haben wir Küchenschaben im Haus?

Wenn man Schaben bei sich zu Hause vermutet, läuten in der Regel alle Alarmglocken – schließlich haben Küchenschaben keinen besonders guten Ruf. Doch die Arten, die sich jetzt im Herbst zu uns ins Haus verirren, sind in der Regel harmlos. Ich konnte bisher in allen Fällen, bei denen ich zur Identifikation von Schaben gebeten wurde, Entwarnung geben: Bei den meisten Schaben, die ins Warme wollten, handelte es sich stets um die harmlose Bernsteinschabe aus der Familie der Waldschaben. Doch wie kann man diese bernsteinfarbenen Flitzer von den als Küchenschaben bekannten Arten unterscheiden? Hier ein paar Hinweise zur Identifizierung und mehr oder weniger ernst gemeinte Tips bei Schabenkontakt:

The good ...

Bernsteinschaben (Ectobius vittiventris) gehören zur Familie der Waldschaben (Ectobiidae) und sind ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet. Sie haben sich im Zuge des Klimawandels nach Norden ausgebreitet und sind inzwischen seit über 10 Jahren in Süddeutschland heimisch geworden. Auch diverse Zeitungsmeldungen belegen, dass die Ankunft der Bernsteinschaben im Ländle nicht unbemerkt geblieben ist. Aber keine Angst: Die Bernsteinschabe ist ein harmloser Geselle, der in Wäldern und Parks lebt und sich von verrottenden Pflanzen ernährt. Sie kann mangels geeigneter Nahrung nicht längere Zeit im Haus überleben.

Tipp: Tiere im Haus einfach im Marmeladenglas fangen und darin nach außen transportieren. Wer sie gar nicht leiden kann, der sollte darauf achten, abends bei Licht die Fenster zu schließen oder auch Insektenschutzgitter anzubringen, denn die Tiere werden abends durch Licht angelockt. Dies unterscheidet sie übrigens auch von den weniger gern gesehenen Arten, die das Licht scheuen. Eine Bekämpfung mit Chemikalien ist weder nötig noch angebracht.

BernsteinschabeBernsteinschabe
Das ganze Tier ist hellbraun gefärbt, auch das Halsschild der Bernsteinschabe ist einfarbig hellbraun! (Bild: wikimedia commons).

... the bad ...

Die Deutsche Schabe (Blatella germanica) ist in unseren Breiten kein Freilandbewohner, sondern fühlt sich nur in warmen und feuchten menschlichen Behausungen mit ausreichendem Nahrungsangebot wohl. Typischerweise sind das Gaststätten, Hotels oder Großküchen mit zweifelhaften hygienischen Verhältnissen. Hier können die nachtaktiven, lichtscheuen Flitzer herumliegende Essensvorräte verunreinigen. Bei einer Entdeckung in der Pizza oder auf dem Hotelflur sorgt der Ekelfaktor in der Regel für spitze Schreie.

Tipp: Packen Sie die im Restaurant entdeckte Deutsche Schabe ein und informieren Sie zu Hause den Wirtschaftskontrolldienst. Alternative für Hartgesottene: Eine mitgebrachte Deutsche Schabe im gehobenen Restaurant auf den Teller legen und die Geschäftsleitung verlangen. Dies garantiert einen schönen und kostenfreien Abend! Haben Sie die Deutsche Schabe wirklich bei sich zu Hause: ziehen Sie einen Fachmann zu Rate oder ziehen Sie aus.

Außerhalb Schwabens wird die Deutsche Schabe übrigens auch gerne „Schwabe“ genannt… sollte uns das zu denken geben?

Deutsche SchabeDeutsche Schabe
Im Unterschied zur harmlosen Bernsteinschabe besitzt die Deutsche Schabe zwei parallele dunkle Längsstreifen auf dem Halsschild (Bild: wikimedia commons).

... and the ugly!

Die Kakerlake (Blatta orientalis) ist der Inbegriff des widerstandsfähigen Insektes im menschlichen Umfeld. Selbst oberirdische Atombombentests auf dem Bikiniatoll konnte ihnen dort nichts anhaben. Ähnlich wie die Deutsche Schabe hat sie es gerne feucht und warm, scheut das Licht und ist nachts auf Nahrungssuche. Auch sie ist bei uns am wahrscheinlichsten in hygenisch mangelhaften Bäckereien, Großküchen oder Restaurants anzutreffen.

Tipp: Holen Sie den Kammerjäger oder wandern Sie aus. Bikiniatoll reicht aber nicht – um kakerlakenfrei zu leben, sollten Sie sich ein Eigenheim in der Antarktis zulegen. Bleibt die Klimaerwärmung allerdings konstant, könnte es gut sein, dass sich Ihr Enkel zukünftig auch die Antarktis mit den Schaben teilen muss.

In diesem Sinne: Viva la cucaracha!

KakerlakeKakerlake
Kakerlaken sind dunkel gefärbt und haben verkürzte Flügel, die nicht das Hinterleibsende erreichen.

Nachtrag am 3.8.2017:

Die Bernsteinschabe beschäftigt uns immer noch – denn sie gehört inzwischen zu den häufigeren Insekten in urbanen Habitaten. Im verlinkten Zeitungsartikel ist allerdings fälschlicherweise nicht die Bernsteinschabe abgebildet, sondern eine Gemeine Waldschabe – hätten Sie’s erkannt?

Nützliche Links

Sehr schön zusammengefasst können Sie im Merkblatt des Landesgesundheitsamtes Stuttgart die Unterschiede in Bau und Lebensweise verschiedener Schabenarten noch einmal nachlesen. Wer Schaben wissenschaftlich korrekt bestimmen möchte, der sollte sich allerdings diesen Bestimmungsschlüssel zu Gemüte führen.

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